Bis der 150-Euro-Gutschein beim Energieversorger eingelöst werden kann, ist Geduld gefragt.

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Zu den dramatisch steigenden Preisen kommt für Stromkunden in Österreich noch eine Geduldsprobe dazu: Das System hinter der Abwicklung der Energiegutscheine der Bundesregierung ist bis heute von technischen Problemen geplagt.

Eigentlich soll der Energiegutschein Herr und Frau Österreicher in Zeiten von Inflationsraten jenseits der Acht-Prozent-Marke entlasten. 150 Euro werden pro Haushalt bei der nächsten Jahresabrechnung abgezogen, alles, was man dafür tun muss, ist, einen Gutschein einzureichen. Rund 1,3 Millionen Formulare zur Beantragung dieses Energiekostenausgleichs wurden an die Haushalte verschickt. Doch im System knirscht es gewaltig.

Stromkunden berichten von Warteschlangen in der Hotline und grundlos abgelehnten Anträgen. Eigentlich sollten die technischen Probleme bis Anfang Juli behoben sein, doch in der Praxis bestehen die Schwierigkeiten weiter, wie Recherchen des STANDARD zeigen.

Antrag abgelehnt

Hat man den QR-Code gescannt und den Gutschein online eingereicht, sollte die Abwicklung im Hintergrund eigentlich unbürokratisch und vor allem vollautomatisch ablaufen. Die Arbeit des Gutscheinempfängers sollte damit erledigt sein – so zumindest die Theorie. Doch häufen sich Beschwerden, wonach die Gutscheine kommentarlos abgelehnt wurden.

Als Grund werden "fehlende Voraussetzungen oder Eingaben" angegeben, konkreter werden die Informationen aber nicht – die Hotline würde weitere Fragen beantworten. Dort wird die Geduld der Stromkunden noch einmal gefordert, denn der Ansturm dürfte groß sein. Das Finanzministerium bittet auf seiner Website um Verständnis, dass die Wartezeiten "zu bestimmten Tageszeiten etwas länger sind". Immerhin scheint bei manchen Stromkunden der Status des Gutscheins von "abgelehnt" auf "eingereicht" zurückzuspringen. Wieder anderen wurde mitgeteilt, sie müssten den Gutschein neu anfordern, was erneut über die Hotline abgewickelt werde.

Bitte warten

DER STANDARD hat es selbst ausprobiert: Sechs Anläufe brauchen wir, bis das Freizeichen ertönt, danach hängen wir neun Minuten lang in der Warteschlange, bis sich ein Mitarbeiter meldet. Warum Gutscheine abgelehnt wurden, könne man nicht sagen. Es gebe laufend technische Probleme. Der sicher gut gemeinte Rat: "Probieren Sie es bitte in ein paar Tagen wieder." Wie lange die Überprüfung des Gutscheins dauert, wenn der Status von "abgelehnt" auf "eingereicht" wechselt, ist von der Hotline ebenfalls nicht zu erfahren, das würden die Energieversorger übernehmen, so die Auskunft des Mitarbeiters.

Tausende schauen durch die Finger

Im Klimaministerium will man sich zu den technischen Schwierigkeiten der seit Ende April laufenden Gutscheinaktion nicht äußern und verweist auf das Finanzministerium. Dieses sei für den technischen Hintergrund verantwortlich, hieß es. Die Überprüfung, ob dem Einreicher der 150-Euro-Gutschein überhaupt zusteht, liegt bei den Energieversorgern.

Denn die müssen nachprüfen, ob Zählpunktnummer und Stromliefervertrag übereinstimmen. Hier lauert bereits das nächste Problem: Bewohner von Studenten- oder Seniorenheimen, betreutem Wohnen oder großen Mietshäusern fallen um ihren Bonus um. Das liegt daran, dass viele Mieter oder Heimbewohner gar keinen eigenen Liefervertrag mit einem Stromanbieter haben und der Zähler in der eigenen Wohneinheit nur dem Vermieter dazu dient, "hausintern" die Kosten weiterzuverrechnen.

"Das kann dazu führen, dass in einem Wohnhaus mit 60 Einheiten nur einer, nämlich der Vermieter, den Energiebonus bekommt", erklärt EVN-Sprecher Stefan Zach. Beim niederösterreichischen Energieversorger sieht man sich deshalb tausendfach mit Kundenbeschwerden konfrontiert. "Zu Recht", wie Zach meint. Man versuche zwar auf dem Kulanzweg nachzubessern, aufgrund der gesetzlichen Regeln sei man aber oft machtlos. "Die Regelung wurde sicher in bester Absicht gemacht und das unter sehr großem Zeitdruck, aber es wäre wichtig, schnell nachzubessern", so Zach.

E-Mail erst ab Ende Juli

Dass Nachbesserungsbedarf besteht, sieht man auch im Finanzministerium so. Zumindest auf der technischen Seite kündigt man Hilfe an: Der Grund für die Ablehnung zahlreicher Anträge lag darin, dass man das zugrundeliegende IT-System noch optimiere, teilte das Finanzministerium mit.

Nach Abschluss dieser Arbeiten werden alle abgelehnten Fälle nochmals verarbeitet und sollten dann als eingereicht aufscheinen. Aber: Sollte das nicht der Fall sein, so kann man beim Callcenter ab sofort unter 050 233 798 die Nachbestellung sowie die Neuanforderung der Gutscheine beantragen. Diese Gutscheine sollen dann ab Mitte Juli versendet werden. Bis Ende Juli soll es eine Möglichkeit geben, die Gutscheine auch per E-Mail anzufordern.

Doch müssen Stromkunden dabei das geplante Ende der Aktion beachten: Wer sich bis 31. August nicht um seine Nachbestellung oder richtige Einreichung der Finanzspritze gekümmert hat, könnte durch die Finger schauen. Beim Finanzministerium sieht man darin aber kein Hindernis: "Aus heutiger Sicht erscheint die Frist bis 31. August 2022 ausreichend." (pez, 7.7.2022)